Vom 27. 30. Oktober 2015 findet in Düsseldorf der Internationale Kongress der A+A statt. Er ist die zentrale Gemeinschaftsveranstaltung des deutschen Arbeitsschutzes und auch international dessen größte Veranstaltung. Vor allem die Fachmesse der A+A als weltweit größter Marktplatz der Prävention ist sehr international.
Ja, der Arbeitsschutz selbst ist auch schon seit langem eine internationale Angelegenheit. Das wichtigste Kapitel für uns war diesbezüglich sicher das Entstehen des europäischen Arbeitsschutzsystems, wofür die EG-Rahmenrichtlinie Arbeitsschutz von 1989 den bahnbrechenden, entscheidenden Schritt darstellte.
Aber die Arbeitsbedingungen in anderen Ländern selbst blieben uns doch insgesamt recht fern. Sie waren sicher immer wieder Gegenstand des Mitgefühls bei Schreckensmeldungen wie z. B. über die monströsen Giftkatastrophen von Seveso und Bhopal oder die großen Bergwerksunglücke. Diese erinnerten uns auch an unsere Mitverantwortung für die dortigen Zustände. Aber ein handfestes praktisches Thema des normalen Arbeitsschutz-Handelns waren sie nicht. Und auch für die damit befassten Institutionen der Entwicklungshilfe ging es hier um eine langfristige, äußerst zähe Angelegenheit.
Und dann kam Rana Plaza. Die politischen Reaktionen auf den Zusammensturz dieser Textilfabrik in Bangladesch bedeuten wirklich ein neues Kapitel für den Arbeitsschutz weltweit und für unser Land. Nie zuvor fanden sich die Basiselemente des Arbeitsschutzes als erklärtes Programm der Weltforen und -Organisationen der Ökonomie vom G7-Gipfel bis zur Weltbank. Ein Vision Zero Fund für Afrika wäre noch vor 10 Jahren reine Utopie gewesen. Und diese Aktivitäten bedeuteten auch, dass unsere Mitverantwortung für die Arbeitsbedingungen in den neuen Industrie- und in den Entwicklungsländern im konkreten Handeln angekommen ist. Vor allem mit dem Textilbündnis von Bundesentwicklungshilfeminister Gerd Müller, dem sich schon über 140 Firmen angeschlossen haben, werden die Arbeitsbedingungen in der weltweiten Lieferkette und in den Herkunftsländern Gegenstand konkreten Handelns eine Sache für das Herz und Engagement vieler Kolleginnen und Kollegen können sie jetzt noch viel mehr sein.
Die DGUV ist seit langem weltweit aktiv und das System der gesetzlichen Unfallversicherung ist vom deutschen Sonderfall zum Exportschlager mutiert. Die jetzt sichtbar werdenden Dimensionen stellen aber eine nationale Aufgabe dar, die durch die Bundesregierung, vor allem über das Entwicklungshilfeministerium zu stemmen ist und erklärtermaßen werden soll. Damit wird dieses Ministerium auch ein wichtiger Akteur im System des Arbeitsschutzes.
Und für den Arbeitsschutz und auch die A+A ergibt sich wieder einmal ein neues Arbeitsfeld, denn wer, wenn nicht die Akteure des Arbeitsschutzes, soll sich fachlich z. B. um die Abarbeitung der Gefahrstofflisten in der Lieferkette kümmern? Wahrlich ein enormer Schub für die ganz konkrete Internationalisierung unseres Arbeitsgebietes.
Und nun kommt mit der aktuellen Flüchtlingswelle die Welt auch noch zu uns. Das Thema Migration verändert unsere in den letzten Jahren zur Gewohnheit gewordene Themen- und Begründungslandschaft. Es könnte sehr gut sein, dass die demographische Lücke nicht stattfindet, denn die bisherigen Szenarien gingen in der optimistischen, als unrealistisch empfundenen Variante von einer jährlichen Zuwanderung von 200.000 Menschen aus. Diese Zahl wird von der derzeitigen Migrationswelle völlig überrollt.
Bisher war neben den großen Diversity-Themen, dem demographischen Wandel und Alterung der Erwerbsbevölkerung, der zunehmenden Frauenerwerbsbeteiligung wie auch der Beschäftigung von Behinderten und der Inklusion die Migration nicht wirklich gleichgewichtig. Das muss und wird sich jetzt ändern, auch für uns, für den Arbeitsschutz und auch für die A+A.
Bruno Zwingmann